Dieses Thema lässt mich nicht los. Ich finde es einfach
faszinierend, dass Katharina Kasper siebenundvierzig Jahre lang an der Spitze
ihrer Gemeinschaft steht und immer wieder von ihren Schwestern einstimmig –
einstimmig!!! – zur Generaloberin gewählt wird.
In einem ihrer Briefe schreibt sie einmal: „Sie wissen ja, meine lieben Schwestern,
dass ich nicht gerne viele Worte mache und viel Geräusch.“ (Brief 81) Das
ist auch eine Charakterisierung ihres Wirkens: Immer handelt sie sachgerecht,
unparteiisch und klar. Das gibt ihren Schwestern natürlich Sicherheit.
Dass Katharina jedes Jahr alle Filialen besucht, habe ich
schon erwähnt. Betrachtet man ihre Reiserouten genauer, fällt auf, dass die
sehr durchdacht und effizient angelegt sind. Nur ganz selten besucht sie nur
ein Haus; in der Regel verbindet sie die Visitation einer Filiale mit den
Visitationen anderer Filialen. Und dann visitiert sie normalerweise alle Häuser
einer Gegend hintereinander. Dabei fällt wiederum auf, dass sie jedes Mal zur
selben Zeit dasselbe Haus besucht. Klar ist das eine große Hilfe für die
Schwestern vor Ort. Sie können sich rechtzeitig vorbereiten und die Tage mit
der Generaloberin einplanen.
Die häufigen Besuche bei den Schwestern bringen es mit sich,
dass Katharina jede Schwester und ihre besondere Situation kennt, dass sie um
alle Probleme eines Konventes weiß. Entsprechend sicher und sachgerecht, klar
und eindeutig kann sie reagieren und entscheiden.
Ein Beispiel dazu: 1894 haben die Schwestern der
Niederlassung in Türmitz, Böhmen – wahrscheinlich im Übereifer – ihre Tätigkeit
auf einen Nachbarort ausgeweitet. Damit sind sie in den Wirkungsbereich der
Kreuzschwestern eingedrungen. Das bringt Katharina in eine gewisse
Verlegenheit.
„Aber liebe
Schwestern“, schreibt Katharina, „ich meine, Ihr hättet doch viel Arbeit und
pflegen doch zuviel auf der Filiale, wo doch die Kreuzschwestern sind. Die
Oberin hat sich gefreut und gedankt, dass wir dort keine Filiale gegründet
hätten. Sie täten das auch nicht. (Anmerkg.:
eine Filiale gründen im Wirkungsbereich der ADJC) So brauchen Sie doch nicht so oft hinzugehen. Man reibt sich sonst vor
der Zeit auf. Sie haben schon viel Tätigkeit im Kloster mit den Kindern und
Kranken in Türmitz. …“ (Brief 265)
Der Brief ist deutlich. Damit die Schwestern den Tadel
annehmen können, zeigt Katharina, dass sie besorgt ist um das Wohl der
Schwestern. Außerdem weist sie auf ihr eigentliches Arbeitsfeld hin.
Bei aller Deutlichkeit hat Katharina immer die Schwestern im
Blick. Sie bleibt verbindlich und nimmt sie bei all ihren Entscheidungen mit.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schwestern in Türmitz kein Einsehen
hatten …
STH