Kürzlich las ich einen Artikel über Vorbilder und Idole. Das
Vorbild eines Kindes sind immer die Eltern, hieß es darin. Wenn das Kind in die
Pubertät kommt, sind so genannte Stars angesagt, Schauspieler oder Sänger.
Später wird es wieder ein Elternteil. Heilige kommen heute als Vorbilder nicht
mehr vor.
Ich habe mich natürlich gefragt, wie das bei mir war. Als
Kind war mir meine Mutter Vorbild – angefangen beim Äußeren, über die Kleidung
bis hin zum Auftreten. Als Jugendliche wurden mir wirklich Stars wichtig. Aber
auch das waren gestandene Frauen, nicht so junge flippige Sternchen. Als ich 17
war, kam der große Einschnitt: Ich las eine Biographie von Katharina Kasper und
war nur noch begeistert. Das ist es, dachte ich. So will ich sein, das will ich
tun.
Das ist bis heute geblieben, obwohl ich heute natürlich
realistisch genug bin, zu erkennen, dass da ein Mensch ist, von dem mich Lichtjahre trennen.
Katharina Kasper – kann sie heute noch Vorbild sein?
Da ist zunächst ihr Tun. Sie nimmt alle Menschen an so wie
sie sind. Sie macht keine Unterschiede. Es ist ihr egal, ob er reich oder arm
ist, ob sie gesund oder krank ist, ob er Christ oder Jude ist. Aber immer
begegnet sie mit besonderer Liebe den Menschen, die ausgegrenzt werden, warum
auch immer. Und immer setzt sie sich für diese Menschen ganz ein, mit allem,
was sie ist und hat. Ganz sicher ist dies eine Haltung, die in der heutigen
Zeit besonders anspricht.
Da ist ihre Haltung. Sie hat nur wenig Schulbildung. Sie
weiß aber, was sie kann und setzt das selbstbewusst ein. Sie ist einfach und
bescheiden, und das bleibt sie trotz der Erfolgsgeschichte ihrer Gemeinschaft.
Sie lebt selbst anspruchslos und hat immer die Menschen im Blick, die ihr anvertraut
sind. Für sie steckt sie auch Prügel ein, wenn es sein muss. Ganz sicher ist
dies eine Haltung, die in der heutigen Zeit anspricht.
Da ist ihre Einstellung. Die ist total geprägt von ihrem
Glauben. Sie macht ernst damit, dass es einen Gott gibt, dem sie wichtig ist,
der sie liebt und ihr Leben lenkt und führt. Dieses Bewusstsein macht ihr Leben
aus. Das macht sie fähig, das Undenkbare zu denken, das Unbegreifliche zu
fühlen, das Unmögliche zu tun, dem Unfassbaren Raum zu geben. Ihr Leben hat
einen unzerstörbaren Sinn. Das ist etwas, was viele Menschen heute suchen und
nicht finden können, weil Gott für sie ein Fremdwort bleibt. Katharina aber
macht durch ihr ganzes Leben deutlich: „Je
mehr [wir] den lieben Gott allein such[en] und uns von uns selbst und dem Bösen
in der Welt lossagen [befreien], je mehr lebt und wirkt Gott in [uns].“
(vgl.Brief 115)
Katharina Kasper – kann sie heute noch Vorbild sein? Ich bin
sicher, sie kann. Und ich bin auch sicher: Ganz bestimmt findet der, der sich
auf sie einlässt noch viel mehr Gründe dafür.
STH