Siebenundvierzig Jahre lang steht Katharina Kasper an der
Spitze ihrer Gemeinschaft. Immer wieder wird sie von ihren Schwestern
einstimmig – einstimmig!!! – zur Generaloberin wiedergewählt. Wir suchen immer
noch nach Gründen für diese ungewöhnliche Zustimmung.
Ein weiteres Geheimnis können wir umschreiben mit den
Worten: delegieren und Hilfe annehmen.
Die Gemeinschaft wird immer größer, und jedes Jahr besucht
Katharina alle Filialen. Das heißt, sie ist sehr viel und immer lange fort vom
Mutterhaus, der Zentralen der gesamten Gemeinschaft. Von unterwegs schreibt sie
Briefe. Viele der erhalten gebliebenen eigenhändigen Briefe gehen an ihre
Assistentinnen, die im Mutterhaus „Pol halten“. Aus diesen Briefen geht hervor,
dass die Assistentinnen sich mit Fragen und Problemen, die sich während der
Abwesenheit der Generaloberin ergeben, an sie wenden.
In solchen Situationen entscheidet Katharina selten sofort.
In der Regel überlegt sie schriftlich mit ihren Assistentinnen, sie geht auf
alle Fragen und Probleme ein, ist meistens einer Meinung mit ihren
Assistentinnen,
macht Vorschläge, erinnert an schon Besprochenes, lässt
entscheiden und agieren und macht auch keine Vorhaltungen, wenn nicht ihre
eigene Vorstellung getroffen worden ist. Auch darin sieht sie den Willen
Gottes.
Ja, und Katharina holt Rat ein, nimmt Hilfe an. Vor allen
Dingen bezieht sie den Geistlichen Rat Wittayer bei Entscheidungen und Leitungsaufgaben
immer wieder mit ein, - obwohl sie das nicht tun müsste. Häufig schreibt sie: „Diese Zeilen wollen Sie Herrn Geistlichen
Rat mitteilen“ (Brief 29) oder: „Überlegen
Sie mal gut und ziehen Sie Herrn Geistlichen Rat zu Rate“ (Brief 32) oder: „Sie wollen diese Zeilen Herrn Geistlichen
Rat mitteilen und seine Ansicht hören“ (Brief 40). An Wittayer delegiert
sie auch noch kurz vor dessen Tod eine Visitation der Niederlassungen in
England.
Katharina Kaspers Leitungsstil – der ist irgendwie echt
modern. Sie traut ihren Assistentinnen selbständiges Handeln zu, und nicht
selten delegiert sie Aufträge. Außerdem agiert sie kollegial. Kein Wunder, dass
ihre Mitschwestern gerne mit ihr zusammenarbeiten und ihr bei Wahlen immer
wieder das Amt der Generaloberin anvertrauen.
STH