Sie kennen die Geschichte,
die den Palmsonntag prägt, nicht wahr? Jesus reitet unter dem Jubel der
Menschen nach Jerusalem ein. Deren Begeisterung kennt kein Maß. Nur wenig
später brüllen dieselben Menschen: „Kreuzige ihn! Ans Kreuz mit ihm!“
Viele von uns kennen diese
Erfahrung – wenn es bei uns auch sicher nicht blutig oder tödlich endete. Aber
dieses Auf-den-Podest-gehoben-werden, um wenig später heruntergestoßen zu
werden, ist eine urmenschliche Erfahrung.
Auch Katharina Kasper blieb
davon nicht verschont.
Katharina war beliebt. Das
lag vor allem an ihrer liebevollen Art, mit der sie sich für ihre Mitmenschen
einsetzte. Außerdem profitierte das Dorf von ihr. Wenn irgendjemand ein
Wehwehchen hatte, war Katharina zur Stelle. Wenn jemand Hilfe brauchte, musste
Katharina nicht lange gebeten werden. Wenn ein gesunder Menschenverstand von
Nöten war, war Katharina bereit, in die Bresche zu springen. Und doch:
„Die weltliche Behörde sah das Kloster
in Dernbach sehr ungern, und das nur, weil es eine katholische Einrichtung war
und sich nicht der Landes-Regierung in die Arme warf. Die Schwestern galten
dieser Behörde gegenüber nur als Mägde der Katharina Kasper, die auf deren
Geheiß auch Kranke auswärts pflegten. Da der bisherige Bürgermeister Paulus die
Gemeinschaft achtete und förderte und sie deshalb in Schutz nahm, war er im
Monat Juni 1853, angeblich wegen eines kleinen Dienstvergehens, seines Dienstes
entlassen worden. Der
Interims-Bürgermeister Schmidt war kein Freund des
Klosters, unternahm jedoch nichts gegen die Schwestern …
Die
Stimmung der Gemeinde war, so lange Katharina Kasper allein lebte und die
Kranken besuchte, ihr im allgemeinen gut gesonnen; als sie ihr Häuschen
vergrößerte, schon beim ersten Mal, taten sie ihr nichts mehr umsonst, was doch
bei ähnlichen Bauten zu geschehen pflegte; sie musste alle Fuhren teuer
bezahlen. Da die Leute hörten, dass es ein Kloster geben sollte, fürchteten
sie, dass dieses nach und nach reich werde und die Güter in Dernbach ankaufe;
andere waren entschieden dagegen, weil das eigene fragwürdige Leben mit so
etwas nichts anfangen konnte; andere waren dafür, aber nur weil sie Vorteile
aus dem Kloster erwarteten …“ (Chronik der Genossenschaft der „Armen Dienstmägde Jesu Christi.“ bis zum Jahre
1871 geschrieben von dem
Superior J.J. Wittayer)
Das also gab es auch. Neid
und Eifersucht sind immer schlechte Ratgeber. Katharina blieb ruhig und vertraute
auf den Herrn. Sie war sicher: Wenn er dieses Werk wollte, würde er auch das
Gelingen schenken. In den von ihr erhaltenen Briefen spricht sie diese
Situation überhaupt nicht an. Vor allem redet sie nicht darüber.
„Fürchten wir am allermeisten uns vor unserer und
unserer Mitschwestern [Mitmenschen] Zunge, ‘die zwar ein kleines Glied ist,
aber viel Unheil anrichtet.’ (Jak 3,6)“
(Brief 105)
Das sagt sie erst Jahre
später. Aber diese Haltung hatte sie auch schon 1853.
STH