Hand aufs Herz – wie haben Sie gerade in Ihrem Inneren auf
diese Frage reagiert?
Es gibt nur wenig Menschen, die spontan mit „Ja“ reagieren.
Wie hätten Sie geantwortet?
„Fromm sein“ hat heutzutage irgendwie einen negativen Touch.
Im Mittelhochdeutschen bedeutete vrom
„tüchtig, trefflich, rechtschaffen“. Seit dem 15. Jh. hat fromm einen religiösen Sinn, nämlich „gottesfürchtig, gläubig“. Und
in diesem Sinne ist es ja wirklich nicht schlimm, wenn man fromm ist oder
werden will, oder?
Katharina Kasper äußert nicht selten: „Ich möchte doch so gerne fromm werden, und bleibe doch eine Zeit wie
die andere.“ (Brief 4) Ganz sicher meint sie das im Sinne von
„gottesfürchtig, gläubig“. Und wenn man sie kennt, dann berühren einen ihre
Worte doch seltsam; denn wir wissen ja, dass sie durchaus eine gottesfürchtige
und tiefgläubige Frau ist. Nun, sicher ist es so, dass die Sehnsucht wächst, je
tiefer der Glaube wird – die Sehnsucht, ganz nah beim Herrn zu sein, mit ihm
vereint zu sein. Das ist mystisch. Aber Katharina ist eine Mystikerin.
Ganz in diesem Sinne ist ihr Ausruf zu verstehen: „O, dann habe ich ein großes Verlangen, mal
ganz schnell fromm zu werden, um desto eher zu meinem Heilande zu kommen.“
(Brief 2) Also, je gottesfürchtiger, je gläubiger wir werden, umso näher kommen
wir dem Herrn. Und das ist doch etwas Schönes, oder?
„O wie notwendig ist
ein geistlich frommes Streben.“ (Brief 14) So sagt Katharina ein andermal.
Wenn wir den Herrn suchen, wenn wir dem Herrn nahe sein wollen, dann haben wir
keinen Raum für Unschönes, Negatives oder sogar Böses.
Also, wenn ich gefragt werde, ob ich fromm sein möchte, dann
antworte ich mit Ja.
STH