Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Sonntag, 15. Dezember 2019

„ … jubeln sollen sie, jubeln und jauchzen …“ (Jes 35,2)


In ihrem Buch „Ein Adler am Himmel“ (1970) beschreibt die Tierforscherin Frances Hamerstone den ersten Flug eines Adlerjungen.
„Der Adler war nun alleine im Nest. Jedes Mal, wenn die Eltern in die Nähe des Nestes kamen, schrie es ärgerlich nach Nahrung. Doch sie kamen stets mit leeren Füßen – und das Junge wurde immer dünner. Es nagte die Knochenreste ab, die noch im Nest lagen. Es beobachtete einen Mistkäfer, pickte ihn heißhungrig auf und verschlang ihn. Seine erste eigene Beute. Tage vergingen – und während das Jungtier an Gewicht verlor, wurden seine Bewegungen immer schneller. Wenn der Wind nun über das Nest blies, schwebte es ab und zu für einen Moment in der Luft. Oft flogen die Eltern mit erbeuteten Tieren dicht am Nest vorbei, einmal mit einem kleinen Kaninchen, einmal mit einer Ratte. Obwohl das Adlerjunge nun fast immer hungrig war, wurde es zunehmend spielerischer. Und es war fast immer alleine im Nest. Auch des Nachts wurde es nun nicht mehr durch die Eltern gewärmt.
Der erste Nachtfrost kam und der kalte Wind blies durch seine Federn und den ganzen Körper. Wenn die Sonne wieder hervorkam, wärmte er sich an ihren Strahlen auf – und wieder wiegte er seinen ganzen Körper im warmen Wind, nun leicht und muskulös. Dicht am Nest flogen die Eltern vorbei – mit einem Maulwurf zwischen den Krallen. Fast verlor das Junge sein Gleichgewicht, so sehr gierte ihn nach der Beute. Die Eltern kamen zurück – als wollten sie ihn locken…. und leicht wie der Wind schwebte er durch die Lüfte, zum ersten Mal in seinem Leben. Er segelte durch das Tal, begann nach Beute zu schauen – und landete hart auf dem Boden. Als er sich aufrappelte, ließen die Eltern den Maulwurf neben ihm fallen. Halb stolpernd, halb fliegend stürzte sich das Jungtier auf die Beute und fraß sich satt.”
 

Advent hat mit Warten zu tun. Warten verändert. Es macht ungeduldig, vielleicht auch schon mal gereizt. Bei dem Adlerjungen kann man das auch sehen. Aber schließlich geschieht Verwandlung …
 
Mir kommt dieses Wort von Katharina Kasper in den Sinn: Eine kurze Zeit geduldig gelitten, tapfer gekämpft und gestritten und dafür eine solche Glückseligkeit in dem schönen Himmel, wo wir Gott von Angesicht zu Angesicht schauen.“ (Brief 45)
Natürlich meint sie hier etwas ganz anderes. Aber das Adlerjunge hat auch mit Ausdauer gelitten, gekämpft und gestritten. Und dann? „…und leicht wie der Wind schwebte er durch die Lüfte … Er segelte durch das Tal …“
„Im großen Ganzen geht es noch gut in Gott. Es kann ja auch nie schlecht gehen, wenn wir alles als von Gott kommend betrachten und aus Liebe zu Gott alles tragen und dulden. Für seine eigene Person muss man alles hinnehmen, ertragen; die am meisten sich in der Geduld üben, haben es am besten. Alles aus Liebe zu Gott, mit Gott und für Gott.“ (Brief 108)
Dieses Wort von Katharina hat nichts mit der Adlergeschichte zu tun, wohl aber mit Advent – und Gaudete. Denn wenn es uns gelingt, uns in der Geduld zu üben, dann haben wir allen Grund zu jubeln und zu jauchzen.
STH