Katharina Kaspers Projekt war
schon zu ihren Lebzeiten ein expandierendes mittelständisches Unternehmen.
Das galt nicht nur für die
beständig wachsende Kernbelegschaft, sondern auch für die zunehmende Zahl der
Institutionen, die betrieben wurden: Krankenhäuser, Schulen, Kinderheime und
Ambulanzdienste. Dies wiederum bedeutete eine steigende Zahl der Mitarbeitenden
und der Menschen, für die Katharina Verantwortung trug. Die finanzielle Seite
eines solchen Unternehmens war damals nicht einfacher als heute.
Katharina Kasper war 47 Jahre
lang unangefochtene Leiterin dieses Betriebes. Das ist umso erstaunlicher, wenn
man bedenkt, dass dies eine demokratische Entscheidung der Belegschaft war.
Bei einer solch
beeindruckenden Bilanz tut sich die Frage nach ihrem Führungsstil auf, der ja
sicher zu ihrem großen Erfolg beitrug.
Ich möchte ein paar Punkte
benennen, ohne Beispiele anzuführen. Das würde unseren Rahmen hier sprengen.
- Katharina entscheidet situationsgerecht und macht ihre Amtsausübung transparent Heute spricht man so viel von Transparenz. Im 19. Jh. war das nicht üblich. Für KK war es selbstverständlich, ihre Entscheidungen offen zu legen; denn Machtstreben und Eigenmächtigkeit waren ihr fremd.
- Sie entscheidet unparteiisch Katharina entscheidet stets ohne Ansehen der Person. Bevorzugungen irgendeiner Art gibt es bei ihr nicht. Das gilt auch für höher stehende Persönlichkeiten, z.B. die Stifter/innen einer Niederlassung.
- Sie kann delegieren und Hilfe annehmen Dies ist schon deshalb von ungeheurer Wichtigkeit, weil Katharina oft große Visitationsreisen machte, die sie lange von zu Hause fortführte.
- Sie ermöglicht ihren Mitarbeiterinnen (= Schwestern) eigenständiges Handeln.
- Sie ist bereit, in wichtigen Angelegenheiten die letzte Verantwortung zu tragen. Das gilt vor allem dann, wenn andere die Ausführenden sind oder waren. Sie hat dann durchaus den Mut, Entscheidungen der Assistentinnen oder Oberinnen abzuändern, wenn nötig. Sie setzt sich auch durchaus mit ihrer Ansicht durch und verantwortet diese Bischof und Superior gegenüber.
- Katharina sieht den Menschen, sie
lebt mit den Menschen, auch mit den Menschen, die keinen Einfluss haben
und „nur“ gewissenhaft und einfach ihre Arbeit tun. Katharinas
Kommunikationsmittel in einer Zeit, in der es noch kein Telefon und keine
Emails gab, war der Brief. In drei Briefen schreibt sie von der
„Milch-Katharina“. Dies war eine Frau, die viele Jahre auf der Ökonomie für
Milch und Butter zuständig war. Im ersten Brief erwähnt sie, dass sie
verstorben ist (Brief 178); im zweiten Brief teilt sie mit, dass
Milch-Katharina beerdigt wurde (Brief 180); der dritte Brief enthält sogar
einen Nachruf auf Milch-Katharina (Brief 181).
In wenigen Punkten habe ich
den Führungsstil Katharina Kaspers beleuchtet. Ganz sicher hat er dazu
beigetragen, dass ihr Unternehmen über Jahrzehnte hinweg erfolgreich war und
beständig wuchs.
Noch entscheidender aber war
sicher ihr Ziel, ihre Grundeinstellung: „Alles zur größeren Ehre Gottes und zum
Heil des Nächsten.“ (Brief 105)
Das ist ihr Geheimnis.
STH