Was gab es Neues durch das Wirken
Katharina Kaspers? Ganz bestimmt wollte sie nicht bewusst was Neues schaffen.
Aber es ist Neues entstanden – effektiv und nachhaltig, aber ganz leise.
Jetzt wollen Sie natürlich wissen,
was, nicht wahr?
Die Tatsache, dass sich schon
sehr schnell junge Frauen Katharina anschlossen, ließ sie den so genannten
„Frommen Verein“ gründen. In den Statuten (1848), die sie diesem Verein gab,
heißt es: „Der Zweck unseres Vereins ist
die Ausbreitung der Tugend [des christlichen Lebens] durch Beispiel, Belehrung
und Gebet.“ Das ist das Erstaunliche: Katharina sieht die Not und die
Notwendigkeit zu helfen. Aber das eigentliche Ziel ihres Handelns ist die
Ausbreitung des Glaubens; das eigentliche Ziel ist, die Menschen zu Gott zu
führen.
Nicht nur den Mitgliedern
ihres Vereins, sondern auch den Menschen in ihrem Umfeld will sie den Glauben
nahe bringen und damit die Bedeutung, die Gott in ihrem Leben haben soll und
muss. Aber sie ist da ganz realistisch. Sie weiß, dass der Mensch erst dann für
ideelle Ziele zu erreichen ist, wenn seine existentiellen Bedürfnisse
befriedigt sind.
Katharina Kasper erkannte die
Bedürfnisse der Menschen in ihrer Zeit; und indem sie auf diese zu antworten
suchte, erwuchs ihr Werk. Es stehen also keine theoretischen Erwägungen am
Anfang, sondern ein Mensch mit einem Blick für das Dringliche, Notwendige, der
sich von den Nöten seiner Umgebung ansprechen ließ und tatkräftig zugriff, um
diese zu beheben.
Dieser Ansatz Katharinas ist
schon neu. Bei allen anderen Gemeinschaften, die im 19. Jahrhundert gegründet
werden, steht die Absicht, die Not zu lindern im Vordergrund. Von
Glaubensvermittlung ist zunächst mal keine Rede.
Einen zweiten Aspekt möchte ich noch erwähnen:
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich
Katharina Kasper bewusst für die Emanzipation der Frau eingesetzt hat.
Wahrscheinlich kannte sie den Begriff noch nicht einmal. Aber de facto hat sie
es getan. Und nicht nur durch die Höheren Töchterschulen (durch die Mädchen
eine ordentliche Schulbildung zukamen) und den Fabrikschulen (den jungen
Fabrikarbeiterinnen in den Industriestädten wurde an Sonn- und Feiertagen ein
Mindestmaß an religiöser Bildung und in den Elementarfächern vermittelt. Das
bedeutete eine Förderung des Selbstbewusstseins und der Lebenstüchtigkeit und
auch eine deutliche Verbesserung der finanziellen Lage, weil sie ja Geld
verdienen konnten.).
Außerdem erkannte Katharina sehr
schnell und früh, wie wichtig eine gute Ausbildung ihrer Schwestern war, die in
Schule und Krankenpflege tätig waren. Die Schwestern, die an öffentlichen
Schulen Unterricht erteilen wollten, hatten die vom Staat verlangten Examina
abzulegen. In den Jahren 1861 – 1869 hatten das immerhin schon 72 Schwestern
erfolgreich getan.
Beide erwähnten Aspekte
machen schon Neues deutlich, dass durch Katharina Kasper entstand. Beides
veränderte die Welt in Deutschland und den Ländern, in die sie selbst schon
Schwestern aussandte, deutlich. Katharina erkannte die Bedürfnisse der Menschen
in ihrer Zeit. Müssen nicht auch wir viel aufmerksamer sein, damit sich unsere
Welt positiv verändern kann?
STH