Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 17. Januar 2015

Menschenkenntnis

Wie steht es mit Ihrer Menschenkenntnis? Es gibt ja Menschen, die haben überhaupt keine Menschenkenntnis, will sagen: wenn sie einem Menschen begegnen, wissen sie überhaupt nie, woran sie mit ihm sind, können ihn überhaupt nicht einschätzen, können sein Verhalten, seine Handlungen, seine Worte nicht deuten und verstehen. Menschen, die keine Menschenkenntnis haben, tun sicht echt schwer im Miteinander, reagieren oft falsch oder überzogen.

Katharina Kasper hatte eine beeindruckende Menschenkenntnis – das wird in ihrer Biographie deutlich, das erkennt man immer wieder in ihren Briefen. Ein Beispiel:

„Hochwürdigster Herr Bischof,
(…) Die Barbara Breuer kam zu mir und sagte, dass Sie gesagt hätten, es würde hier nicht gut gehen, weil schon zu viele sich gemeldet hätten. So konnte ich ihr nur dasselbe sagen. Weil es aber Pflicht für uns ist, jedem zu helfen und zu raten, wo wir nur können, so fühlte ich doch ein großes Mitleid mit ihr, wenn ich mich in ihre Lage dachte. Ich sprach nun mit ihr, um sie näher kennen zu lernen, über ihre Verhältnisse und wie sie sich dabei befinde. So erkannte ich an ihr, dass sie dabei sehr beunruhigt und sehr schwer ihr war, sich in den Willen Gottes zu ergeben und noch mehr das Leben ihrer Neigung lebte. Auch schien sie mir grade keinen echten Beruf zu haben. Nur wollte ich ihr in ihrer schweren Lage behilflich sein, und ich sagte ihr, wir hätten viel Arbeit jetzt; wenn sie auf eine Zeitlang zu uns kommen wollte, so wäre mir das schon recht, wenn Sie nichts dagegen hätten. Auch sagte sie, dass sie noch Vermögen hätte und keinen anderen Beruf hätte als zu einem klösterlichen Leben. Sie ist nun zwei Tage hier, aber hatte keine Ruhe, weil ich ihr nicht Versicherung geben kann, für immer hier zu bleiben. Sie hat wenig Vertrauen auf den lieben Gott. Ich habe ihr nun gesagt, das beste sei für sie, wenn sie zu einer braven Herrschaft gehn würde und sich noch besser prüfe, ob sie Beruf hätte, und könnte sich auch noch einiges Vermögen ersparen, und dann könnte sie ja später noch aufgenommen werden, wenn es der Wille Gottes ist. Und so ist sie denn jetzt beruhigt und will es so machen.“ (Brief 2)

Ist das nicht einfach toll, wie Katharina hier reagiert und handelt? Sie erkennt sehr schnell, dass diese Frau nichts für die Armen Dienstmägde Jesu Christi ist. Sie erkennt aber auch ganz klar die Situation, in der sie sich befindet: Die Barbara Breuer ist davon überzeugt, die Berufung zum klösterlichen Leben zu haben; und außerdem hat sie Geld. Das kann ja nur von Vorteil sein, so denkt sie. Aber Katharina bringt ihre Situation auf den Punkt: Barbara Breuer kann nicht den Willen Gottes für ihr Leben akzeptieren und lebt eigentlich so, wie sie leben möchte, sie kommt innerlich nicht zur Ruhe und hat kein Gottvertrauen, das gerade in ihrer Situation so wichtig ist.
Ja, Katharina erkennt, - und doch will sie ihr helfen, wirft ihr ihr Urteil nicht einfach an den Kopf. Ich frage mich schon, ob ich das so genau erkannt und wie ich reagiert hätte ...

Wie die Geschichte Barbara Breuer weiter ging, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist sie nicht in die Gemeinschaft eingetreten.

STH