Mystik ist ja ein Wort, mit dem wir heute irgendwie Probleme
haben, nicht wahr? Im Wörterbuch findet man als Definition:
„ … eine besondere Form der Religiosität, bei der der Mensch
durch Hingabe und Versenkung zu persönlicher Vereinigung mit Gott zu gelangen
sucht.“ Ein Mystiker ist dann dementsprechend ein „Vertreter, Anhänger der
Mystik“.
Nun, ich persönlich bin der Meinung, dass die echten
Mystiker nicht wissen, dass sie Mystiker sind. Erst im Nachhinein werden sie
als solche bezeichnet. Die echten Mystiker würden wahrscheinlich ihr Sehnen und
Suchen auch nicht als Mystik bezeichnen.
Jedenfalls gilt das Gesagte für Katharina Kasper.
Wir heute können von ihr als Mystikerin sprechen. Nicht nur
ihre Visionen sprechen dafür, auch viele Stellen in ihren Briefen. Ganz
deutlich wird das in den Briefen an Bischof Peter Josef Blum. Der ist für
Katharina nicht nur unmittelbarer Leiter der Kongregation; er ist auch ihr
geistlicher Begleiter, bei dem sie sich gedrängt fühlt, ihm von ihren inneren
Erlebnissen zu berichten.
„Hochwürdigster Herr,
ich wage es noch, einige Zeilen über mein Inneres an Sie zu schreiben. Ich
fühle mich in meinem Berufe so glücklich, dass ich nichts zu wünschen hätte,
was mich noch glücklicher machen könnte, ja es ist mir oft, als wenn alle
Geschöpfe ein geistlicher Genuss wären, ja wo ich mich ganz einversenken
möchte. O, dann habe ich ein großes Verlangen, mal ganz schnell fromm zu
werden, um desto eher zu meinem Heilande zu kommen. Auch habe ich oft
Augenblicke, wo mir alles wieder verschwindet und ich die Welt mit all ihrer
Bitterkeit genieße. Ich will noch sagen, wie es mir oft vorkommt, als wenn ich
drei Arten von Welten erkännte, nämlich die Welt der Natur und die geistliche
Welt und die göttliche Welt. Wenn ich nun diese Augenblicke habe, so fühle ich
einen tiefen Schmerz und eine große Müdigkeit in mir. Ich kann alles nicht so
schreiben, wie ich es erkenne und fühle, nur ist es mir möglich, gerade in
demselben Augenblicke es zu sprechen, wie alles beschaffen ist, nur kann ich im
allgemeinen sagen, dass ich tief eindringen kann und auch im einzelnen alles
gut verstehen und auch ganz gut begreifen kann. Wenn nun diese Augenblicke
vorüber sind, so fühle ich mich, als wenn ich wieder ausruhte, und dann bin ich
innerlich froh und denke, wenn doch diese Augenblicke nicht mehr kämen. Auch
ist es mir bei dem Anfange, als wenn ich gegen meinen Willen in diese Zustände
käme, und dann fühle ich immer einen zweifachen Kampf. Ich will mich dann ganz
in Gott verbergen, ja ich sehe mich gleichsam wie gezwungen, weil der böse
Feind es mir als Täuschung vorwirft und es wäre ja alles nicht so, und dann
habe ich mir immer Vorwürfe zu machen, dass ich nicht genug mit der Gnade
Gottes mitwirkte, und habe ich oft große Kämpfe zu bestehen…“ (Brief 2)
Stimmt doch, oder? Das ist Mystik pur. Wer auch schon mal
Augenblicke hatte, in denen er der göttlichen Welt ganz nahe war, der kann das
ein wenig nachvollziehen, was Katharina hier dem Bischof anvertraut.
STH