Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 25. Januar 2014

Wir leben in gefahrvollen Zeiten …

„Wir leben in gefahrvollen Zeiten, wo man stark im Glauben befestigt sein muss, wachsam auf die Schlinge der bösen Geister, welche sie legen, eifrig im Gebete …, treu, opferwillig und gewissenhaft.“ (Brief 68)

Ist Katharina Kasper nicht hochaktuell? Das denke ich immer wieder, wenn ich solche Worte von ihr lese.
Leben wir nicht auch heute in gefahrvollen Zeiten? Längst tobt wieder ein Kulturkampf – nicht so brutal und rigoros wie vor 150 Jahren, sondern viel subtiler, aber nicht weniger zerstörerisch. Ich denke an die schleichende Verdrängung der Religion aus der Öffentlichkeit, an die immer aggressiver werdenden Forderungen nach den so genannten Menschenrechten Abtreibung und aktive Sterbehilfe, an die Gender- und Homosexuellenideologie. Man könnte noch manches mehr aufzählen. „Wir leben in gefahrvollen Zeiten“, und immer mehr Menschen haben ihnen weniger entgegenzusetzen; der Glaube verdunstet immer mehr. Katharina Kasper wusste, dass nur der starke Glaube an Gott sensibel und hellhörig macht für die „Schlinge der bösen Geister“, die Leben zerstören – letztlich auch das eigene.

Katharina ist aber auch realistisch genug, um zu wissen, dass unser Hauptfeind in uns selber zu finden ist. So bittet sie, „in allem und überall wachsam zu sein auf die Gefahren des bösen Feindes, auf die Gefahren der Welt und ganz besonders auf unseren Hauptfeind, unsere Eigenliebe.“ (Brief 68) Ja, wahrscheinlich ist die Eigenliebe – wir würden heute Egoismus sagen – die Wurzel allen Übels. Ich will, dass es mir gut geht; ich will alles, und zwar sofort; ich will Spaß haben; ich will … ich … Der andere spielt in meinem Denken keine Rolle. Aber damit zerstöre ich nicht nur das Allgemeinwohl, die Gemeinschaft, sondern letztlich auch mein eigenes Leben.

Katharina gibt uns einige „Mittel“ an die Hand, wie wir die Gefährdung bestehen können: „eifrig im Gebete …, treu, opferwillig und gewissenhaft“. Letztlich ist das die Ausrichtung auf Gott, der das Gute, das Heil für den Menschen will. Wenn ich ihn im Blick behalte, wenn ich ihm Raum in meinem Leben gebe, dann bekommt in meinem Dasein die Sehnsucht nach Leben in Fülle die Oberhand. Das kann ich mir aber nicht selbst geben, ich kann es nicht selbst nehmen oder erarbeiten. Leben in Fülle kann nur Gott mir schenken; und er tut es nur, wenn ich ein Leben nach seinem Willen lebe. Was sein Wille ist, das können wir vor allem in der Heiligen Schrift erfahren.

Katharina sagt uns: „Beten [wir] mit- und füreinander um die Gnade der Beständigkeit im Guten und die Beharrlichkeit bis zu unserem Ende.“ (Brief 67)
STH


Samstag, 18. Januar 2014

Ohne die Gnade vermögen wir nichts

Ein Wort, das bei Katharina Kasper immer wieder vorkommt – fast in jedem Brief! – ist das Wort „Gnade“. Was ist Gnade? Es ist kein speziell religiöses Wort. Es kommt durchaus auch im säkularen Sprachgebrauch vor. Da meint es so viel wie wohlwollende, freiwillige Zuwendung. Im religiösen Sprachgebrauch ist Gnade ein ganz wichtiger Begriff. Gnade bedeutet hier der freie und unverdienbare Hulderweis Gottes. Gnade ist demnach ein Geschenk Gottes, auf das wir keinen Einfluss haben.

Katharina Kasper ist ungeheuer sensibel für alle Erfahrungen, die sie mit sich und anderen Menschen macht und weiß genau, dass der Mensch aus sich selbst nichts vermag. Er ist schon zu schwach, um das Gute zu wirken, dass er gerne wirken möchte. Sie ist zutiefst überzeugt: Wir brauchen die Gnade Gottes. Nicht selten schreibt sie in diesen Worten: „… erinnern wir uns täglich an unsere Schwäche und beten wir zu Gott …; denn ohne die Gnade vermögen wir nichts.“ (Brief 136)

(Helene Souza/pixelio.de)
Jetzt könnte man ja denken: Wenn man so abhängig ist, dann hat ja jede Anstrengung keinen Sinn. Sie ahnen schon – so denkt Katharina nicht. Zum einen sieht sie diese Verfasstheit des Menschen nicht als Abhängigkeit. Sie ist sich bewusst, Kind Gottes zu sein – nicht zuletzt durch die Taufe. Dieses Bewusstsein gibt ihr die Gewissheit, dass Gott für sie da ist, dass er ihr all das schenkt, was sie braucht, um das Heil für ihr Leben zu erlangen. Und dazu gehört zu allererst die Gnade.

Aber es stimmt schon, dass wir etwas dazu tun müssen. Vor allem müssen wir um die göttliche Gnade bitten. Gott gibt nichts, was wir nicht wollen. „Fahren Sie fort, … zu beten tagtäglich zu Gott, dem Heiligen Geiste …, damit wir allezeit durch denselben geleitet, beseelt und erleuchtet werden, um allezeit das Richtige zu erkennen.“ (Brief 84) So mahnt sie einmal.

Und immer wieder fordert sie dazu auf: „… wirken [wir] allezeit treu mit der Gnade Gottes mit.“ (Brief 97 u.a.)
Und wie geht das? Zuerst müssen wir Gott vertrauen. Wenn wir ihm nicht vertrauen, dann kann seine Gnade nicht an uns wirken. Und dann muss es uns ein Anliegen sein, in allem und überall Gottes Willen zu erfüllen. Sein Wille für mein Leben – der ist Zuwendung, der ist Gnade, der ist Heil für mein Leben.

Katharina drückt das so aus: „Wir wollen ruhig, demütig, aber mit großem Gottvertrauen der Zukunft entgegengehen, nichts suchen noch wünschen, als den heiligen Willen Gottes erfüllen.“ (Brief 23) „Haben wir doch ganz besonders ein großes Gottvertrauen auf Gottes Macht und Barmherzigkeit, und wir werden nicht zuschanden werden.“ (Brief 45) „Wir wollen auf den Herrn vertrauen und dabei tun, was wir können.“ (Brief 98)

Hört sich eigentlich ganz einfach an, oder?
STH




Samstag, 11. Januar 2014

Innere Freiheit – wie geht das?

Von Freiheit war letztes Mal die Rede, und dass Menschen, die ihr Adler-sein leben, innerlich frei sind. Katharina Kasper ist so ein Mensch. Ihre innere Freiheit äußert sich auf vielfältige Weise. Ein Beispiel will ich hier erzählen.

Kirchlich anerkannte Gemeinschaften wie die ADJC ordnen ihr Leben nach festen Regeln. Solche Strukturen räumen allen die gleichen Rechte ein und auferlegen jedem Mitglied der Gemeinschaft die gleichen Pflichten. Dadurch geben sie Halt und wirken als Entscheidungshilfe für die Leitung. Das gilt vor allem für die  Ordensausbildung.

Katharinas Richtschnur ist es, nach dem Willen Gottes zu fragen und dementsprechend zu handeln. Von daher stand die Anerkennung der Regel für sie außer Frage. In ihr sah sie einen Ausdruck des göttlichen Willens. Umso überraschender ist ihr Verhalten im Fall Schwester Willeyka, der wohl als einmalig in der Geschichte der Gemeinschaft gewertet werden muss.

Sr. Willeyka – sie stammt aus Böhmen - ist eine Novizin. Sie wird schwerkrank. Katharina schickt sie nur schweren Herzens fort. Sie mag die Novizin nicht nur, sie ist auch davon überzeugt, dass sie zum Ordensleben berufen ist. Katharina schickt sie nach Hause zurück, überzeugt davon, dass sie dort wieder gesund werden würde.



Und jetzt kommt das Ungewöhnliche! Katharina gestattet ihr, im Ordenskleid nach Böhmen zu reisen – undenkbar für eine entlassene Schwester. Katharina geht noch weiter. Da Sr. Willeyka keine Familie und kein Zuhause mehr hat, soll sie bei den Schwestern bleiben, bis sie eine Möglichkeit zu leben gefunden hat. Auch während dieser Zeit darf sie das Ordenskleid tragen, und sie darf – damals unvorstellbar, dass Nicht-Ordensfrauen das tun! – an den gemeinsamen Gebeten teilnehmen.

Jetzt fragen Sie mit Recht, warum Katharina die Schwester wegen einer Erkrankung fortgeschickt hat. Eigentlich ist das einfach zu erklären. Als die Novizin ihre Gelübde ablegen muss, ist sie wegen ihres instabilen Gesundheitszustandes den Anforderungen der Gemeinschaft, die karitativ tätig ist, nicht gewachsen. Nach ihrer Profess darf man wegen Krankheit nicht entlassen werden. Deshalb muss Katharina eine Entscheidung treffen. Erlaubt sie der Kranken, die Gelübde abzulegen, so läuft sie Gefahr, dass diese auf Dauer sich selbst und der Gemeinschaft zur Last wird. Diese Tatsache macht eine Zulassung der Schwester zu den Gelübden nahezu unmöglich, führt aber zu der geschilderten Regelung.

Die Generaloberin aber hört in dieser Situation auf ihre innere Stimme und findet einen ungewöhnlichen Ausweg.  Ihre enge Verbundenheit mit Gott macht es ihr möglich, in dieser Freiheit mit den Regeln umzugehen. Und die weitere Geschichte gibt ihr Recht. Sr. Willeyka erholt sich in der Heimat. Katharina erwirkt eine Dispens von Rom, damit sie in Böhmen – also fern vom Mutterhaus - ihre Gelübde ablegen kann. 1925 – das erlebt aber Katharina nicht mehr – wird sie Oberin der böhmischen Provinz. Die musste die Gemeinschaft auf Druck der Tschechen errichten; die Leitung mussten Schwestern tschecheslowakischer Herkunft sein, um die Vertreibung der Gemeinschaft aus dem Gebiet zu verhindern. Auf diese Weise können die ADJC  noch 20 Jahre in Böhmen wirken, bis 1945 alle Deutschen aus Böhmen ausgewiesen werden. Nach dieser Vertreibung der Schwestern kommt Sr. Willeyka nach Limburg. Hier stirbt sie 1950 im Alter von 82 Jahren.

Katharinas innere Freiheit, mit der sie sich ganz dem Willen Gottes überlassend über vorgegebene Begrenzungen hinwegsetzt, hat der Gemeinschaft eine große Frau geschenkt.

STH

Samstag, 4. Januar 2014

Flieg in die Freiheit!

Eine kleine Fabel erzählt von einem jungen Adler. Man hatte ihn aus dem Nest gestohlen, um ihn an eine Stange zu ketten. Anfangs wehrte er sich gegen seine Fesseln, doch mit der Zeit fand er sich mit seinem Los ab. Eines Tages entdeckte er hoch oben am Himmel einen seiner Artgenossen. Dieser kam jeden Tag näher. Schließlich streifte er den gefangenen Vogel mit seinen Flügeln. Durch diese Berührung wurde in dem jungen Adler eine Kraft lebendig, die ihn mächtig an der Stange zerren ließ. Dann riss er sich los und flog davon - in die Freiheit.


Katharina Kasper weiß, dass der Mensch zum Adlersein berufen ist, und sie lebt ihr Adlersein. Aber wie viele Menschen gibt es, die an eine Stange gekettet sind – an die Stange der Unsicherheit oder des mangelnden Selbstbewusstseins, an die Stange des Geldes oder des Aberglaubens, an die Stange der Beziehungslosigkeit und der Beziehungsängste oder wie auch immer unsere Stangen heißen.

Katharina weiß um alle diese Fesseln, mit denen der Adler Mensch gebunden ist. Und sie weiß – was noch wichtiger ist! -, wie der Adler Mensch zur Freiheit befreit werden kann. Es geht nur durch die Berührung eines Adlers, der sein Adlersein lebt. Katharina ist so ein Adler-Mensch. Sie berührt die Menschen, denen sie begegnet – Kinder, Kranke, Alte, Frauen, Männer – mit einer Liebe, die ihren Ursprung in ihrer Liebe zu Gott hat. „Aus der wahren Gottesliebe erwächst uns auch die wahre Nächstenliebe.“ (Brief 11)

Katharina berührt die Menschen, denen sie begegnet, mit einer Freiheit, die ihr ihre Hingabe an Gott schenkt. Sie kennt zum Beispiel keine Menschenfurcht. Ihr ist es egal, ob ihr Gegenüber eine Gräfin, ein Bischof oder eine Fabrikarbeiterin ist. Alle werden mit derselben Liebe behandelt, allen begegnet sie mit derselben Hochachtung und Ehrfurcht.

Katharina berührt die Menschen, denen sie begegnet – nicht zuletzt auch ihre Schwestern. Dafür gibt es viele Beispiele. Aber dieses hier macht schon deutlich, mit welcher Liebe und Freiheit sie ihnen begegnet. Sie schreibt einmal an eine Oberin: Sind Sie denn auch den lieben Schwestern eine gute Mutter, tragen so recht Sorge für jede, besonders, dass Sie gemeinschaftlich die Liebe üben, ganz gleichförmig eine wie die andere behandeln, jede nach Bedürfnis?“ (Brief 128) Katharina weiß: „Worte bewegen, aber Beispiele reißen fort.“ (Brief 108) Und wenn das geschieht, - wenn er von Liebe und Freiheit berührt wird -  muss der Mensch seine Fesseln zerreißen, er muss in die Freiheit fliegen, die letztlich Gott ist.

Von Katharina können wir lernen, was es heißt, unserer Berufung zum Adler gerecht zu werden und – wirklich frei zu werden …
STH