An diesem Sonntag hören wir
vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme. Jedes Mal, wenn ich diese
Gleichnisse höre, frage ich mich: Würden wir wirklich alles stehen und liegen
lassen und dieses eine verlorengegangene Schaf suchen? Würden wir wirklich
einen Hausputz machen, wenn wir einen 10 €-Schein verloren hätten?
Wie sich Katharina Kasper bei
einem Geldstück verhalten hätte, weiß ich nicht. Bei der verlorenen Tochter
verhielt sie sich wie der barmherzige Vater aus dem Gleichnis.
Die Rede ist von Schwester
Beata Breidenbach. Sie war die Sekretärin der Generaloberin. Die Sekretärin
einer Generaloberin ist eine Vertrauensperson. Sie weiß vieles, was andere
nicht wissen. Und so hörte sie auch manches, was sie nicht verstand oder falsch
auslegte. Da ging es konkret um die Sache, dass Katharina während des
Kulturkampfes zum Schein klostereigene Ländereien verkaufte, um sie vor dem
Staat zu retten. Der Superior Wittayer interpretierte das so, dass Katharina
ihre Verwandten begünstigte. Schwester Beata glaubte Wittayer. Das wiederum
brachte sie in solch große innere Schwierigkeiten, dass sie schließlich keinen
Ausweg mehr sieht und das Kloster verlässt – eigentlich, um ganz weg zu bleiben.
Als Schw. Beata dann nach
einiger Zeit doch wieder zurückkehrt, nimmt Katharina sie wieder an und belässt
sie auch in ihrem Amt, offenkundig, um sie nicht bloßzustellen. Katharina
spricht nicht mehr über Schwester Beatas Fehltritt. Schwester Beata selbst
lässt sich auch nichts mehr zuschulden kommen. Fortan verehrt sie die
Generaloberin sehr. Das geht aus der von ihr geführten Chronik eindeutig
hervor. Vielleicht ist ihr bewusst geworden, wie großmütig sich Katharina in
der Angelegenheit verhalten hat.
Katharina hat schon ein
großes Herz. Sie weiß: „Nicht allein
schwache Seelen wanken, sondern auch starke können noch straucheln, wenn sie
nicht beständig auf ihrer Hut sind und um Festigkeit und Beharrlichkeit beten.
Wir müssen aus allem Nutzen schöpfen.“
(Brief 19)
STH