Was mich an Katharina Kasper so fasziniert? Unter
anderem sind es ihre Natürlichkeit und Nüchternheit, die ihr Leben geprägt
haben. Sie war ein tiefgläubiger Mensch, aber da war nichts von
Überschwenglichkeit oder Frömmelei. Sie stand mit beiden Beinen fest auf der
Erde.
Katharina Kasper hatte mit der wachsenden
Gemeinschaft und den immer größer werdenden Aufgaben genug zu tun. Aber sie
ließ es sich bis ins hohe Alter nicht nehmen, für die Postulantinnen und
Novizinnen Konferenzen zu halten. (Alle Zitate
sind aus einer der Konferenzen.) Irgendjemand hatte erkannt, welchen
Wert diese Stunden bei der Ehrwürdigen Mutter hatten und hatte sie
mitgeschrieben. So sind sie uns erhalten geblieben - einfache, oft kernige, in
ihrer Tiefe und Bedeutung große Worte einer weisen Frau, die Erfahrungen
gesammelt hat mit Gott und den Menschen.
„Allein, weil wir nicht sind, wie wir sein
sollen, darum haben wir Kampf mit Dummheiten.“ Das sagt sie 1894 zu den
jungen Postulantinnen, die drei Tage später in Exerzitien gehen, die sie auf
den Tag ihrer Einkleidung vorbereiten.
Was ist damit gemeint, mit diesem „Kampf mit Dummheiten“? - Katharina
Kasper wird sehr konkret: „Wenn wir
denken, eine andere hätte eine feinere Arbeit, dann regt sich unser Stolz. Oder
wenn eine der anderen mehr ein freundliches Gesicht macht, gegen die andere
abstoßender zu sein scheint, dann macht uns das zu kämpfen.“ Unwillkürlich
fallen einem da noch viele andere Dinge ein, die uns den Alltag erschweren, die
uns zu schaffen machen.
Katharina Kasper bezeichnet all das als „Kampf mit Dummheiten“. Warum?
Empfindungen, Emotionen, Neigungen sind Auslöser solcher Gedanken, und wir alle
wissen, wie unbeständig unsere Gefühle, wie abhängig unsere Wahrnehmung ist.
Stolz, Eitelkeit, Eifersucht verbergen sich häufig hinter diesen Grübeleien. „Wo viele Menschen zusammenkommen“, so
Katharina Kasper, „da sind auch die
verschiedensten Charaktere beisammen; man lernt so recht das Allzu-Menschliche
kennen, und man erfährt, dass wir hier noch in der streitenden Kirche leben.“ Aus
ihren Worten sprechen Weisheit und Lebenserfahrung. Und sie weiß, wie wir mit
diesen „Dummheiten“ umgehen können, wie wir sie bezwingen können.
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(Uwe Steinbrich/ pixelio.de) |
„Erwarten
Sie keinen irdischen Lohn. Die Welt kann uns ja doch kein wahres Glück geben
...“ Es gibt einen, der alles sieht, was ich tue, auch wenn es vielleicht
von meinen Mitmenschen nicht gesehen wird. Sein „Lohn“ ist wichtiger als das
flüchtige Lob.
„Wenn uns
etwas nicht gut scheint, so sollen wir das erst an uns verbessern. Überhaupt
Fehlerhaftes nicht so sehr an andern als an uns selbst sehen!“ Oft tadeln
wir am anderen, was wir an uns selbst nicht leiden können. Oft ist das
Verhalten meines Gegenübers eine Reaktion auf mein eigenes Betragen.
„Wir müssen
die Eigenliebe ein wenig in den Hintergrund stellen, denn diese nimmt das beste
Licht fort. Wenn man seinen menschlichen Gefühlen folgt, hindert dies die
himmlische Erleuchtung.“ Selbstliebe ist wichtig. Wenn ich mich nicht
selbst liebe, kann ich auch meinen Nächsten nicht lieben. Egoismus aber macht blind,
auch blind für den eigenen Wert, die eigenen Fähigkeiten, die ich in Freude
bejahen darf, weil sie mir geschenkt sind.
„Allein, weil wir nicht sind, wie wir sein
sollen, darum haben wir Kampf mit Dummheiten.“ Dieser Kampf mit den
Dummheiten des Alltags - kostet er nicht wahnsinnig viel Energie, die wir
anders viel sinnvoller einsetzen könnten? Aber wie sollen wir sein? Katharina
Kasper ist sich da ganz sicher: Wir sollen Menschen sein, die „Gott durch jeden Gedanken, jedes Wort,
jedes Werk“ dienen.
STH