Der Sabbat ist für den Juden
so etwas wie die Heilige Kuh im Hinduismus. Dass der Sabbat ein Gebot Gottes
und damit unvergleichbar wichtig ist – darüber besteht kein Zweifel. Dass das
Gefühl für den Sabbat – wir Christen sprechen vom Sonntag als wichtigsten Tag
der Woche – und seine Bedeutung verloren gegangen und inzwischen fast vergessen
ist, - auch darüber besteht kein Zweifel. Zumindest ist das im Christentum im
Blick auf den Sonntag so.
Aber dass der Sabbat oder
Sonntag über dem Menschen steht, - das war nie im Sinne Gottes. „Der Sabbat ist
für den Menschen da“ (Mk 2,27), sagt Jesus unmissverständlich und rückt damit
ab von der Norm seiner Zeit.
Abrücken von der Norm der
Zeit – damit setzt man sich dem Vorwurf aus, verrückt zu sein. Das musste
Katharina Kasper schon als Kind erfahren, als sie für sich ganz andere
Prioritäten setzte.
Und das blieb ihr zu eigen:
Wenn sie dem Menschen etwas Gutes tun konnte, wenn es ihm zum Heil gereichte,
dann tat sie durchaus auch mal Dinge, die die Norm, die Regel so nicht vorsah.
Einmal schreibt sie einer
Oberin im Blick auf eine kranke Schwester ihres Konventes: „Ich schicke Ihnen etwas guten Wein. Davon geben Sie zuerst einen
Löffel voll, kann sie ihn vertragen, so geben Sie ihr alle paar Minuten einen
Löffel, bis zu einem Gläschen, so dass sie jeden Tag ein Fläschchen nimmt.
Mittags besorgen Sie ihr ein Glas guten alten Rotwein oder auch alten Weißwein
und ein wenig Kartoffelbrei mit leicht gebratenem Fleisch, so wie sie es nehmen
kann. Und was sie am besten nehmen kann, das geben Sie ihr, immer wenig und
dann öfter.“ (Brief 87) Wie sehr da alle gestaunt haben, kann man sich
lebhaft vorstellen, zumal Wein im Kloster etwas ganz Besonderes und Seltenes,
weil teuer war.

In einem anderen Brief heißt
es: „Die gute Schwester Willeyka war ein
gutes Kind. Wir bedauern sehr, dass sie nicht bleiben konnte. Wir schicken sie
deshalb mit dem Ordenskleid, welches sie ja tragen kann, solange sie bei Ihnen
ist. Sie sprach von einem Zimmerchen, was sie sich in ihrem elterlichen Hause,
welches sie verkauft hat, als Aushalt vorbehalten, was ja sehr gut ist. Solange
sie bei Ihnen ist, kann sie ja die Übungen mitmachen. Sie sehen ja, wie es am
besten geht. Sollte sie aber vorziehen, gleich in ihr Zimmer gehen zu wollen,
so können Sie es geschehen lassen. Sie wollen mir gleich schreiben, wie es dem
guten Kind geht.“ (Brief 266)
Man stolpert über diese Briefstelle,
nicht wahr? Und was war da geschehen?
Schwester Willeyka stammte
aus Böhmen und trat in die Gemeinschaft der ADJC ein. Im Westerwald wurde sie
krank und erholte sich nicht. Obwohl Katharina erkannte, dass die junge Frau berufen
war, und obwohl sie sah, dass sie im geistlichen Leben gute Fortschritte
machte, musste sie die kranke Frau entlassen. Das erste Ungewöhnliche in dieser
Geschichte: Sr. Willeyka durfte im Ordenskleid nach Böhmen reisen. Und dann
darf sie es sogar noch tragen, so lange sie bei den Schwestern in Böhmen ist.
Aber Katharina setzt noch
eines drauf: Sr. Wileyka wird wieder gesund, und Katharina holte sich die
Genehmigung, dass die Schwester in Böhmen ihr Noviziat machen durfte. Später
wurde sie zur Gelübdeablegung zugelassen. Viel später wurde sie Provinzoberin
von Böhmen. Sie erreichte ein hohes Alter und war bei den Schwestern, die 1946
Böhmen verlassen mussten.
Ja, Katharina Kasper – die Närrin
Gottes – ver-rückte die Normen zur Ehre Gottes, zum Heil des Menschen.
(STH)