Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 2. Juni 2018

Ver-rückt sein …


Der Sabbat ist für den Juden so etwas wie die Heilige Kuh im Hinduismus. Dass der Sabbat ein Gebot Gottes und damit unvergleichbar wichtig ist – darüber besteht kein Zweifel. Dass das Gefühl für den Sabbat – wir Christen sprechen vom Sonntag als wichtigsten Tag der Woche – und seine Bedeutung verloren gegangen und inzwischen fast vergessen ist, - auch darüber besteht kein Zweifel. Zumindest ist das im Christentum im Blick auf den Sonntag so.


Aber dass der Sabbat oder Sonntag über dem Menschen steht, - das war nie im Sinne Gottes. „Der Sabbat ist für den Menschen da“ (Mk 2,27), sagt Jesus unmissverständlich und rückt damit ab von der Norm seiner Zeit. 

Abrücken von der Norm der Zeit – damit setzt man sich dem Vorwurf aus, verrückt zu sein. Das musste Katharina Kasper schon als Kind erfahren, als sie für sich ganz andere Prioritäten setzte.  

Und das blieb ihr zu eigen: Wenn sie dem Menschen etwas Gutes tun konnte, wenn es ihm zum Heil gereichte, dann tat sie durchaus auch mal Dinge, die die Norm, die Regel so nicht vorsah.

Einmal schreibt sie einer Oberin im Blick auf eine kranke Schwester ihres Konventes: „Ich schicke Ihnen etwas guten Wein. Davon geben Sie zuerst einen Löffel voll, kann sie ihn vertragen, so geben Sie ihr alle paar Minuten einen Löffel, bis zu einem Gläschen, so dass sie jeden Tag ein Fläschchen nimmt. Mittags besorgen Sie ihr ein Glas guten alten Rotwein oder auch alten Weißwein und ein wenig Kartoffelbrei mit leicht gebratenem Fleisch, so wie sie es nehmen kann. Und was sie am besten nehmen kann, das geben Sie ihr, immer wenig und dann öfter.“ (Brief 87) Wie sehr da alle gestaunt haben, kann man sich lebhaft vorstellen, zumal Wein im Kloster etwas ganz Besonderes und Seltenes, weil teuer war. 

 
In einem anderen Brief heißt es: „Die gute Schwester Willeyka war ein gutes Kind. Wir bedauern sehr, dass sie nicht bleiben konnte. Wir schicken sie deshalb mit dem Ordenskleid, welches sie ja tragen kann, solange sie bei Ihnen ist. Sie sprach von einem Zimmerchen, was sie sich in ihrem elterlichen Hause, welches sie verkauft hat, als Aushalt vorbehalten, was ja sehr gut ist. Solange sie bei Ihnen ist, kann sie ja die Übungen mitmachen. Sie sehen ja, wie es am besten geht. Sollte sie aber vorziehen, gleich in ihr Zimmer gehen zu wollen, so können Sie es geschehen lassen. Sie wollen mir gleich schreiben, wie es dem guten Kind geht.“ (Brief 266) 

Man stolpert über diese Briefstelle, nicht wahr? Und was war da geschehen?
Schwester Willeyka stammte aus Böhmen und trat in die Gemeinschaft der ADJC ein. Im Westerwald wurde sie krank und erholte sich nicht. Obwohl Katharina erkannte, dass die junge Frau berufen war, und obwohl sie sah, dass sie im geistlichen Leben gute Fortschritte machte, musste sie die kranke Frau entlassen. Das erste Ungewöhnliche in dieser Geschichte: Sr. Willeyka durfte im Ordenskleid nach Böhmen reisen. Und dann darf sie es sogar noch tragen, so lange sie bei den Schwestern in Böhmen ist. 

Aber Katharina setzt noch eines drauf: Sr. Wileyka wird wieder gesund, und Katharina holte sich die Genehmigung, dass die Schwester in Böhmen ihr Noviziat machen durfte. Später wurde sie zur Gelübdeablegung zugelassen. Viel später wurde sie Provinzoberin von Böhmen. Sie erreichte ein hohes Alter und war bei den Schwestern, die 1946 Böhmen verlassen mussten.

Ja, Katharina Kasper – die Närrin Gottes – ver-rückte die Normen zur Ehre Gottes, zum Heil des Menschen.
(STH)