Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 25. Juni 2016

Katharina ist offen

Dass Dernbach keine Bahnstation hätte, gäbe es keine Katharina Kasper mit ihrer durchaus offenen Einstellung und Haltung ist schon mal erwähnt worden. In der Mutterhauschronik heißt es:
„Das Bedürfnis zu einer Eisenbahnhaltestelle machte sich immer fühlbarer. Nachdem man sich lange erfolglos um Erlangung derselben für Dernbach bemüht hatte, stimmte endlich ein an Ihre Majestät, die Kaiserin Augusta, gerichtetes Bittgesuch das Ministerium geneigt dazu. Die Genehmigung erfolgte, indem der Gemeinde Dernbach folgende Auflagen gemacht wurden:
1. den Platz für die Haltestelle freizugeben,
2. das Gebäude auf eigene Kosten zu bauen,
3. den Verkauf der Billets zu übernehmen oder die Summe von 6200 Mark zu zahlen.
Das Kloster, welches besonderes Interesse in der Angelegenheit hatte, mußte die Hälfte der Kosten tragen. Mit dem 1. November (1890) war alles soweit hergestellt, daß am selben Tag die Eröffnung der Haltestelle stattfand.“

Natürlich hatte das Kloster ein besonderes Interesse an dieser Bahnstation. Die Gemeinschaft ist inzwischen weit verbreitet – bis ins Ausland -, und oft müssen weite Strecken zurückgelegt werden, um die einzelnen Konvente zu erreichen. Auf diesen Fortschritt kann man nicht mehr verzichten, auch wenn damit Unruhen verbunden sind.1869 schreibt Katharina von Fürstenberg aus an ihre Assistentinnen in Dernbach: „Es tut mir so wohl hier in dem lieben Sauerlande, wo man noch keine Unruhen von Fabriken und Eisenbahnen hört.“ (Brief 11)
Wie gesagt, dieser Fortschritt muss sein, und es ist für Katharina keine Frage, diese Kosten zu übernehmen – obwohl es ja schon unverschämt ist, dass das Kloster die Hälfte der Kosten tragen soll.

Übrigens, die Bahnstation gibt es heute noch, obwohl es im nahegelegenen Montabaur den ICE gibt; und täglich fahren auch noch Züge – wir nennen sie Westerwaldexpress, weil er so langsam ist, dass man während der Fahrt Blumen pflücken könnte. Auch wenn dieser Zug nur von wenigen Menschen genutzt wird – für die ist er ganz wichtig. Hoffentlich bleibt er noch lange erhalten.

Solange er erhalten bleibt, ist er auch immer eine Erinnerung an Katharina.
STH


Samstag, 18. Juni 2016

Glücksfall Katharina

Vor einigen Jahren hat der Hobby-Filmclub von Dernbach einen Kurzfilm über ihr Heimatdorf gemacht. Als ich den Film das erste Mal sah, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Das ist ja ein Katharina-Kasper-Film“, rief ich aus.

Beides stimmt: die Filmemacher stellen ihr Dorf vor, und der Film ist ein Katharina-Kasper-Film. Damit wird ganz deutlich: Dernbach wäre nicht Dernbach, wenn es Katharina nicht gegeben hätte.

Im 19. Jahrhundert war Dernbach ein ganz armes Dorf. 1835 hatte es gerade mal 822 Einwohner. 1871 waren es 1093. Zur Erinnerung: 1848 bzw. 1851 wurde die Gemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi gegründet und hatte von Anfang an einen rasanten Zulauf. Die Gemeinschaft hat also zu dem Bevölkerungszuwachs nicht unbedeutend beigetragen.

Damals herrschte im Westerwald – wie gesagt – eine ungeheure Armut. Viele Menschen wanderten aus, in der Hoffnung, dass es ihnen im Ausland besser gehen würde. Viele Kinder wurden verkauft. Viele Kinder blieben auch als Waisen zurück. Katharina sah das Elend der Kinder. Zum einen machte sie kurzer Hand eine Kinderbewahranstalt auf – das ist der Vorgänger unseres heutigen Kindergartens – und schaffte den Waisen ein Zuhause, indem sie ein Waisenhaus baute.

Das kleine Dorf Dernbach hatte plötzlich etwas, was kein anderes Dorf in der näheren und weiteren Umgebung hatte: einen Kindergarten und ein Waisenhaus. Und da sich die Dernbacher Bürger weigerten, Kinder, von denen man nicht wusste, wo sie herkamen, in ihrer Schule zuzulassen, eröffnete Katharina auch kurzerhand eine Schule. Denn wo Kinder sind, muss es Bildung geben, sonst gibt es keine Zukunft.

Katharina kam, sah und – packte an. Und die Welt veränderte sich – die Welt des Heimatdorfes, die Welt der Kinder.
Katharina – ein Glücksfall.

STH

Samstag, 11. Juni 2016

Katharina ist ein Glücksfall

Immer wieder neu bin ich fasziniert, begeistert, eigentlich sprachlos, wenn ich mir bewusst mache, wie die weltweite Gemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi begonnen hat. Am Anfang steht ein ganz einfacher Mensch , der in einem kleinen, unbedeutenden und armen Dorf im Westerwald geboren wird und aufwächst. Dazu kommt noch, dass dieser einfache Mensch ein Mädchen ist. Stichwort „Stellung der Frau“.
Dieser einfache Mensch ist als Kind so viel krank, dass sie die Schule nur unregelmäßig besuchen kann. Von einem kompakten Wissen, von einer ungeheuren Allgemeinbildung kann man wirklich nicht sprechen. Und ausgehend von diesem Menschen entsteht eine Gemeinschaft, die rasendschnell wächst und schon zu ihren Lebzeiten in vier Ländern auf zwei Kontinenten vertreten ist.
Was ist das Geheimnis dieser Frau?
Sie ist von Gott begnadet. So einfach ist das – und doch so schwer. Denn – sind wir nicht alle von Gott begnadet? Und ganz sicher haben wir alle das gleiche Maß, die gleiche Fülle an Gnade erhalten wie Katharina Kasper. Ganz sicher aber kommen wir nicht auf die Idee, uns auch nur andeutungsweise mit ihr zu vergleichen.
Was ist der Unterschied? Katharina rechnet mit der göttlichen Gnade. Für sie ist sie eine erfahrbare Realität, für die sie sich nicht nur öffnet, sondern verfügbar macht. Und indem Katharina total verfügbar ist und sich gebrauchen lässt, wird sie zum Glücksfall – für tausende von jungen Frauen, die sich an ihr orientieren, für das unbedeutende Dorf Dernbach, für Deutschland und viele andere Länder auf verschiedenen Kontinenten und für unzählige Menschen außerhalb ihrer Gemeinschaft. Wenn wir verfügbar sind für die Gnade Gottes, geschieht Unvorstellbares. Gerade das aber ist so schwer.
Was ist das Geheimnis dieser Frau?
„Nichts Außergewöhnliches verlangt der liebe Gott von uns, aber unser ganzes Herz mit allem, was wir haben, geben wir Ihm und tun alles zu Seiner Ehre, zu unserem und aller Menschen Heile.“ (Brief 209)
STH


Samstag, 4. Juni 2016

Unvorstellbar …

Im 19. Jahrhundert war in der Gegend, die wir heute Deutschland nennen, einiges los. Politisch, kulturell, sozial … Manchmal frage ich mich, was davon in den Westerwald gedrungen ist, was Katharina davon wusste. Es gab ja noch kein Internet oder Fernsehen. Gab es schon Radio? Wenn dem so war, dann konnte es sich sicher nicht jeder leisten – zumal im Westerwald. Der wurde als das „nassauische Sibirien“ bezeichnet. Ja, und dann ist es ja logisch, dass einem die Jacke näher ist als die Hose. Was kümmert einen die so genannte Revolution in Frankfurt, wenn man nicht weiß, ob man den nächsten Tag überlebt.

Von Katharina Kasper sind bis 1850 keine Briefe überliefert. Die Gemeinschaft wurde erst 1851 gegründet, aber es gab ja seit 1848 den frommen Verein. Da aber waren keine Briefe nötig, weil man in der Nähe wohnte und sich spätestens sonntags sah. Dass es 1847 eine große Teuerung nicht nur der Lebensmittel gab, das kann man auch in der Chronik der Gemeinschaft lesen. Davon war Katharina direkt betroffen, weil es fraglich wurde, ob sie das begonnene Häuschen zu Ende bauen konnte. Alle rieten ihr davon ab, weiter zu machen. Katharina aber hatte großes Vertrauen. Von Gott hatte sie den Auftrag bekommen, das Häuschen zu bauen; und sie war sicher, dass er auch zum Gelingen helfen würde.

Was Katharina in Dernbach auf jeden Fall mitbekam, war die große Hungersnot. „Hier im Lande haben wir lange keinen Regen gehabt. Infolgedessen ist sehr große Armut und Not für die Menschen und das Vieh. Es sind Heimsuchungen Gottes, welche wir im Geiste der Buße ertragen wollen und müssen.“ (Brief 243) Das schrieb sie auch noch 1893.



Und man kann sagen: Katharina kam, sah und – packte an. Obwohl die ersten Schwestern selbst bitterarm waren, hatten sie immer noch etwas für die, die an die Klosterpforte kamen. Katharina selbst erzählte später mal: „Wir waren so arm und hatten oft so viele Arbeit, dass wir für drei Tage dicke Gerste kochten. Den ersten Tag schütteten wir von der Brühe ab, das war unser Essen. Den zweiten Tag machten wir es nochmal so. Am dritten aßen wir die Gerste.“  Für uns Heutigen ist das nicht vorstellbar. Die Schwestern damals waren dabei glücklich und zufrieden. Und auch das können wir uns nicht vorstellen.
Diese ersten Erfahrungen prägten die junge Gemeinschaft. Und Katharina betonte später oft: „Die Armut muss das Fundament bleiben. Solange die Armut gläubig geübt wird, so lange geht es gut.“ (Brief 150)
Das ist sicher für uns sehr schwer zu verstehen. Aber wenn ich länger darüber nachdenke, - da ist was dran …
STH