Vielleicht ist Ihnen
das auch schon passiert: Da gibt es Redewendungen oder Aussagen von Maria
Katharina Kasper, mit denen Sie nicht viel anfangen können. Es muss einen ja
nicht alles ansprechen, also überlesen Sie diese Stellen einfach. Und dann – plötzlich
– durch irgendeine Begebenheit veranlasst, beschäftigen Sie sich mehr mit
dieser Aussage, - und sie bekommt eine ungeahnte Bedeutung.
Zu diesen Redewendungen
und Aussagen gehörten für mich Maria Katharinas Worte vom Herzen Jesu. Fast
jeden Brief beschließt sie mit einem
Hinweis auf das Herz Jesu. Und in einigen Briefen mahnt sie zur Verehrung des
Herz Jesu: „Unser Leben und Wirken ... muss ein
Gnadenleben, ein Tugendleben sein, welches wir beständig schöpfen sollen aus
Jesus. Das Herz Jesu soll uns beleben, beseelen und beglücken. Täglich müssen
wir eifrig im Gebete den lieben Gott bitten um dieses Gnadenleben Jesu ...“
(Brief 68)
„Wiederholen
wir jeden Tag ... mit wenigen Worten die kleine, demütige, aber kindliche und
großmütige Hingabe an Gott und das göttliche Herz Jesu ...“ (Brief 97)
Die
Herz-Jesu-Verehrung war damals weit verbreitet; es bedurfte nicht vieler Worte;
jeder wusste mit Maria Katharina Kaspers Aussagen etwas anzufangen. Etwas
anders ist das mit uns Heutigen. Wir denken sofort an kitschige
Herz-Jesu-Darstellungen und süßlich-schmalzige Andachtsgebete, die uns den
Zugang verwehren.
Papst Pius IX. führte
1856 das Herz-Jesu-Fest für die ganze Kirche ein. Es wird an dem dritten
Freitag nach Pfingsten gefeiert, und an jedem ersten Freitag eines jeden
Monats, dem sogenannten Herz-Jesu-Freitag, wird an das Festgeheimnis erinnert. Welche
Bedeutung hat nun dieses Fest – auch für uns heute?
Das Herz ist zunächst
einmal ein Symbol der Menschlichkeit, ein Symbol der Liebe. „Man sieht nur mit
dem Herzen gut“ – Sie kennen diese Aussage Antoine de Saint-Exuperys, und auch
das Wort vom „steinernen Herzen“ wissen Sie mit Inhalt zu füllen. Einem
Menschen mit Herz zu begegnen, tut uns allen gut. Die Herzensbildung ist
wichtiger als jede Intelligenz, gerade in der heutigen Zeit. „Der hat das Herz
auf dem rechten Fleck“ – ein größeres Kompliment kann es in einer Zeit, die oft
so herzlos erscheint wie die unsrige, nicht geben.
Das Herz Jesu – Gott
hat in Jesus Christus ein menschliches Herz angenommen, ein Herz, das fühlen
und mitleiden kann. Gott hat in Jesus Christus ein Herz für uns, das heißt, er
liebt uns mit einer Liebe, „die durchaus unserer menschlichen Liebe ähnlich ist
und sie zugleich unendlich übersteigt“ (Anselm Grün). Jesu Herz ist ein
verwundetes, durchbohrtes Herz. Als der Verwundete ist Jesus zu der Quelle unseres
Heils geworden.
Die biblische
Begründung der Herz-Jesu-Verehrung findet sich u.a. im Johannes-Evangelium in
dem Bericht von Jesu Kreuzigung. Das
Kreuz ist der Ernstfall der Liebe. Das durchbohrte Herz Jesu ist ein anderes
Wort für die unendliche Liebe des Gottessohnes.
Die
Herz-Jesu-Verehrung bringt sozusagen Herz zu Herz: Herzen aus Stein sollen zu
liebenden Herzen werden – nach dem Vorbild Jesu.
Und auf diesem
Hintergrund sind meiner Meinung nach Maria Katharina Kaspers Worte zu
verstehen. Die Hingabe an das göttliche Herz Jesu, die Offenheit für seine
Liebe, seine Gnade, bereichert und belebt das eigene Leben und damit das eigene
Wirken. Die Hingabe an sein verwundetes Herz schenkt Hoffnung und Vertrauen,
dass eigene Wunden heilen und dass das eigene Leben trotz dieser Ver-wundungen
gelingen wird.
„Das Herz Jesu soll uns beleben,
beseelen und beglücken. ... Wiederholen wir jeden Tag mit wenigen Worten die
kleine, demütige, aber kindliche und großmütige Hingabe an Gott und das
göttliche Herz Jesu“, erinnert und mahnt Maria Katharina.
STH