Katharina adlergleich

Katharina adlergleich
Vergiss nicht, dass du Flügel hast ...

Samstag, 30. August 2014

„Was uns die selige Katharina Kasper heute sagt …“

Seit langer Zeit ist es üblich, dass die Schwestern jeden Tag ein Wort ihrer Gründerin Katharina Kasper mit auf den Weg bekommen. Allen Interessierten – Schwestern wie Nicht-Ordensmitgliedern – ist es möglich, die Gedanken Maria Katharinas im Originalton kennen- zulernen. „Mit Maria Katharina Kasper durch das Jahr“ – so heiß das Büchlein, das dafür zur Verfügung steht.


„Was unsere selige Mutter Maria Katharina uns heute sagt …“ – Jeden Morgen nach dem Tischgebet leitet die Vorbeterin mit diesen Worten über zu dem Tagesspruch. Ein schöner Brauch, der einen tiefen Sinn hat. Je nachdem, wie dieser Einleitungssatz gesprochen wird, verändert sich die Bedeutung – vielleicht nur geringfügig, und doch nicht unwesentlich.

„Was unsere selige Mutter Maria Katharina uns heute sagt …“: Die Briefe stammen alle aus dem 19. Jahrhundert. Ihre Adressaten sind Oberinnen und Schwestern dieser Zeit. Alles hat sich geändert – die Oberinnen, die Schwestern, die Zeit. Aber – das wird deutlich – Katha-rina Kaspers Aussagen sind zeitlos. Sie passen genauso in das 21. Jahrhundert, in dem es uns gibt. Und sie passen ebenso zu Nicht-Ordensleuten, die im Geiste Maria Katharinas leben wollen. Und uns heute spricht sie diese Worte zu.

Uns spricht sie Mut zu, wenn sie sagt: „Schlägt der Herr auch Wunden, so heilt er sie auch wieder; so wollen und müssen wir denken.“ (Brief Nr. 163) Uns fordert sie auf – und wer würde die Aktualität nicht empfinden?: „Beten wir doch viel für alle Menschen, damit Gott erkannt und geliebt werde, und wieder alle so recht einfach leben.“ (Brief Nr. 160) Uns ermahnt sie: „Worte bewegen ja nur, aber das Beispiel reißt fort.“ (Brief Nr. 179)

 „Was unsere selige Mutter Maria Katharina uns heute sagt …“: Es geht um das Heute, um den heutigen Tag, der noch ganz unberührt, rein und frisch vor uns liegt. Das meiste liegt noch verborgen vor uns. Wie gehen wir mit diesem Tag um? Katharina Kasper rät: „Alles für Jesus, so zu denken ist genug.“ (Brief Nr. 139) – „Halten wir immer gut still, damit der liebe Gott machen kann, was er will.“ (Brief Nr. 141) Sie ist ganz realistisch im Blick auf die Probleme des Alltags: „Das Vollkommene ist einmal nicht beisammen; es muss immer etwas fehlen. Jedoch müssen wir weiter gehen bei allem Unvollkommenen und Mangelhaften.“ (Brief Nr. 182)

„Was unsere selige Mutter Maria Katharina uns heute sagt …“ – dieses Wort, das uns heute zugesprochen wird, bleibt nicht ohne Ant-Wort. Wir antworten: „Selige Mutter Maria Katharina, hilf uns, wie du im Willen Gottes zu leben.“ Diese Antwort von unserer Seite ist ein Gebet. Gebete tragen und geben Sicherheit. Auf unserem Weg durch den Tag sind wir nicht allein. Allein dieses Wissen sollte uns Ansporn sein, unser Denken, Reden und Tun von unserer Mutter Maria Katharina prägen zu lassen, um wie sie ein gottverbundenes Leben zu führen. 

Übrigens, unsere Antwort ist ein Gebet, das Katharina Kaspers Grundanliegen „auffängt“: „O möge der heilige Wille des Allerhöchsten in allem und überall erfüllt werden wie im Himmel so auch auf Erden.“ (Brief Nr. 23)
STH



Samstag, 23. August 2014

Dürfen wir nicht müde sein?

„Wenn man in der Nacht durch eine Gasse spazieren geht, und ein Mann, von weitem schon sichtbar - denn die Gasse vor uns steigt an und es ist Vollmond - uns entgegenläuft, so werden wir ihn nicht anpacken, selbst wenn er schwach und zerlumpt ist, selbst wenn jemand hinter ihm läuft und schreit, sondern wir werden ihn weiter laufen lassen.
     Denn es ist Nacht, und wir können nicht dafür, dass die Gasse im Vollmond vor uns aufsteigt, und überdies, vielleicht haben diese zwei die Hetze zu ihrer Unterhaltung veranstaltet, vielleicht verfolgen beide einen dritten, vielleicht wird der erste unschuldig verfolgt, vielleicht will der zweite morden, und wir würden Mitschuldige des Mordes, vielleicht wissen die zwei nichts von einander, und es läuft nur jeder auf eigene Verantwortung in sein Bett, vielleicht sind es Nachtwandler, vielleicht hat der erste Waffen.
     Und endlich, dürfen wir nicht müde sein, haben wir nicht so viel Wein getrunken? Wir sind froh, dass wir auch den zweiten nicht mehr sehn.“

Franz Kafka
Diese Parabel von Franz Kafka stammt aus dem Jahre 1908. Ist sie nicht hochaktuell? Können wir uns nicht wiederfinden in dem Mann, der sich heraushalten will und unendlich viel Ausreden, Entschuldigungen, Rechtfertigungen findet, damit ihm das gelingt?
Das ist sicher: Katharina Kasper hat den armen, schwachen, leidenden Menschen gesehen. Und sie dankte dafür, dass sie sah und packte an.
Kafka kritisiert die Haltung des Sich-heraushaltens, des Sich-nicht-einmischens. Aber diese Haltung ist doch ganz menschlich. Was könnte, sollte uns bewegen, es anders zu machen? Vielleicht hat der Jude Kafka jenes große Gebot im Hinterkopf gehabt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken und deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Dtn 6,5, Lev 19,18) Und Katharina Kasper? Ihr ganzes Leben ist ein Zeugnis für ihre Motivation, so zu handeln, wie sie es getan hat. Und viele ihrer Briefe machen deutlich, woher sie ihre Kraft und - ja, und auch die Legitimation des Eingreifens nahm. Im März 1890 schreibt sie z.B. an Schwester Martha in den USA:

„Ich gebe Ihnen den Rat für jede Stelle und jede Handlungsweise: dem lieben Gott sich überlassen, alles aus Liebe und zur Ehre Gottes tun zu wollen, so wird der liebe Gott Ihnen allezeit zu Hilfe kommen. Er wird Sie erleuchten, das Rechte zu erkennen, und stärken, dasselbe auszuüben; aber auch tröstet uns Gott. So gehen Sie denn in aller Demut und im Vertrauen auf Gott mit kindlicher Liebe von einem Tage zum andern weiter, und Sie werden sehen und erfahren, dass es besser geht und dass alles Schwere leicht wird.“ (Brief 169)

Wir leben in einer Zeit, in der die Nacht schon weit fortgeschritten ist. Aber es ist Vollmond. Wir sehen. Wir sehen z.B. den zunehmenden Werteverlust, die zunehmende Missachtung des menschlichen Lebens, die zunehmende Glaubenslosigkeit. Wir sind müde, - ja, natürlich. Aber ist das ein Grund, sich nicht einzumischen? Haben wir der Nacht nicht unendlich viel entgegenzusetzen? Nur - sind wir überhaupt selbst noch davon überzeugt?

Dürfen wir nicht müde sein? Nein, denn es geht um mehr als darum, dass es dem einzelnen gut geht. Es geht um den Menschen und seine Würde. Es geht um Gott, den Freund des Lebens, der Mensch wurde, damit wir als Menschen leben können.

STH

Samstag, 16. August 2014

Wer ist denn nun Gründer?

Maria Himmelfahrt – das Fest haben wir gestern gefeiert; und mit diesem Fest haben wir den Gründungstag der Armen Dienstmägde Jesu Christi begangen. 163 Jahre alt ist die Gemeinschaft jetzt. Eine stolze Zahl, nicht wahr?

Wie kam Katharina Kasper eigentlich auf die Idee, eine Klostergemeinschaft zu gründen?
Die Antwort ist furchtbar einfach: Sie kam gar nicht auf diese Idee. Das hätten Sie nicht erwartet, oder? Zu ihrer Zeit gab es hier in der Gegend gar keine Klöster, die ihr ein Vorbild hätten sein können. Die waren der Säkularisation zum Opfer gefallen. Und über die Grenzen Nassaus – in dieses Gebiet gehörte Dernbach – kam Katharina sicher nie hinaus. Katharina sagte immer: Der eigentliche Gründer ihrer Gemeinschaft ist Gott.

Wieso konnte sie das sagen, fragen Sie jetzt wahrscheinlich.

Nach einer Generalbeichte im Jahre 1842 – damals war Katharina Kasper 21 Jahre alt - erkannte sie immer klarer, wozu Gott sie berufen hatte. Sie erkannte sowohl die mangelnde Moral unter der Bevölkerung als auch Not und Armut, die damals herrschten; in vielen Bevölkerungsgruppen wurde das als Strafe Gottes oder als Besserungsmittel angesehen. Katharina fühlte sich von Gott gerufen, sich der armen Menschen anzunehmen, ihre Not zu erleichtern und – so drückte sie es selber aus - ihren Seelen nützlich zu werden. Von innen her gedrängt besuchte sie die Kranken ihres Geburtsortes, erwies ihnen kleine Liebesdienste, tröstete sie und half ihnen, ihre Krankheit in geistlicher Weise zu verstehen, und die Sterbenden begleitete sie. Soweit es ihre Familienverhältnisse zuließen, blieb Katharina bei den Kranken, pflegte sie, verrichtete ihre häuslichen Arbeiten und wachte bei ihnen während der Nacht. Auch belehrte sie die Leute, wo immer nur sie Gelegenheit fand, in den Wohnungen, auf den Wegen, bei den Arbeiten, wie sie ein gottgefälliges Leben führen könnten und wie sie ihre Seelen retten könnten. Und jeder erkannte, dass der Geist Gottes durch sie, das armselige Werkzeug, redete und ihren Worten stets einen außerordentlichen Eindruck verlieh.

Die ersten fünf Frauen bekommen ihr Ordenskleid
und legen vor dem Bischof in Wirges ihre Gelübde ab.
Durch Katharinas Beispiel und ihre Worte wurden andere Frauen angesprochen und schlossen sich ihr an. Jede blieb in ihren Familien. Aber  an Sonn- und Feiertagen kamen sie zusammen und suchten sich je neu zu ermutigen in dem Leben und Streben nach Vollkommenheit. Außerdem heiligten sie die Sonn- und Festtage durch Gebet und Empfang der Sakramente und gemeinsame Bibellesung. So lebten sie mehrere Jahre.  Katharina erkannte immer mehr, dass Gott mehr von ihr wollte; und der Bischof sagte bei einem Besuch: „Wenn Gott Gefallen an diesem Werk hat, dann kann noch ein Koster daraus werden.“

Ja, und das war dann am 15.08.1851 soweit. Da bekamen die ersten fünf Frauen ihr Ordenskleid vom Bischof und legten vor ihm ihre Gelübde ab. Dieses Ereignis gilt als Gründungstag der Gemeinschaft.

Wieso konnte Katharina sagen, dass Gott der eigentliche Gründer ihrer Gemeinschaft ist – das war die Ausgangsfrage. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Katharina reagierte immer „nur“ auf Gottes Anrufungen. Sie tat, was er von ihr wollte, und alles andere kam von selbst. 25 Jahre später schreibt Katharina:

„Dem lieben Gott wollen wir danken, dass er in seiner unendlichen Liebe, Güte und Barmherzigkeit unsere Gemeinschaft hervorgerufen durch seine heilige Kirche, uns zu derselben berufen durch seine Gnade und Liebe und mit der Fülle seiner Gnade überhäufte im allgemeinen und eine jede insbesondere.“ (Brief 50)

STH

Samstag, 9. August 2014

Kennen Sie Sr. Aloysia Löwenfels?

Klar, ist das eine rhetorische Frage. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Sie diese Frau kennen. Obwohl – ich bin wirklich immer wieder erstaunt, wo man ihr überall begegnet.

Der Name verrät schon, dass es sich um eine Jüdin handeln muss. Luise Löwenfels – so ihr bürgerlicher Name – wurde 1915 geboren. Luise besuchte die Höhere Mädchenschule sowie die Höhere Handelsschule,  und anschließend absolviert sie die Ausbildung zur Kindergärtnerin. In beiden Fällen wird sie – wie das damals oft der Fall war – von katholischen Ordensfrauen unterrichtet. In der Zeit zwischen 1933 und 1935 ist der erste Konvertitenunterricht bezeugt.

Nach ihrer Ausbildung arbeitet sie eine kurze Zeit in Recklinghausen. Hier lernt sie in der katholischen Kirche Familie Eppmann kennen; in Hedwig Eppmann findet sie eine gute Freundin.

Inzwischen haben die Repressalien gegen die jüdischen Mitbürger erheblich zugenommen.
Luise wechselt nach Frankfurt, wo sie eine Stelle in einem jüdischen Kinderheim findet. Dank der Vermittlung von Herrn Eppmann, selbst Nazigegner, und seiner Schwester, die eine Arme Dienstmagd Jesu Christi ist, kommt sie dort auch in Kontakt zu unseren Schwestern.  Auch in Frankfurt bleibt sie nur kurze Zeit.
Durch Vermittlung der ADJC kommt sie zu unseren Schwestern nach Mönchengladbach, wo sie in der Haushaltsschule, vor allem aber im Kindergarten arbeitet.


Am 25.11.1935 wird Luise auf den Namen Maria Aloysia getauft. Als im März 1936 eine der Haushaltungsschülerinnen sie als Jüdin identifiziert und mit Denunziation droht, flüchtet sie zu unseren niederländischen Schwestern nach Geleen. Hier ist sie zunächst geschützt.
Im Dezember 1937 bittet  Aloysia um Aufnahme in die Gemeinschaft der ADJC. 1938 beginnt sie das Noviziat und erhält das Ordenskleid. 1940 legt sie ihre erste Profess ab.

Nachdem die Deutschen im Mai 1940 die Niederlande besetzt haben, darf  Sr. Aloysia nur noch  innerhalb des Klosters arbeiten.

Am 26.07.1942 wird ein Protestbrief der katholischen Bischöfe gegen die Verfolgung der Juden von den Kanzeln verlesen. Und dann überschlagen sich die dramatischen Ereignisse.

Am 02. August wird Sr. Aloysia wie eine große Zahl getaufter katholischer und evangelischer Juden von der SS verhaftet und in das Lager Westerbork gebracht.
Am 07. August wird sie nach Auschwitz abtransportiert.
Am 09. August wird sie mit Edith Stein und anderen Ordensleuten vergast.

Heute ist der 09. August, und die Kirche begeht den Gedenktag der heiligen Edith Stein. Die Gemeinschaft der ADJC begeht auch den Gedenktag der Sr. Aloysia Löwenfels.

Katharina Kasper schreibt 1883 in einem Rundbrief an ihre Schwestern: „Ich bitte so sehr, als ich es nur vermag, suchen wir alles, alle Gnade, Hilfe und Trost in den Hl. Herzen Jesu und Mariä und lieben wir Gott und suchen ihn allein, allein.“

Genau so hat Sr. Aloysia gelebt, und in dieser Haltung ist sie in den Tod gegangen …

STH

Samstag, 2. August 2014

Eines ist sicher …

Also, eines ist sicher: Je länger man sich mit Katharina Kasper beschäftigt, umso mehr wird das eigene Denken und Empfinden von ihrem Denken und Empfinden geprägt. Und das wiederum prägt den normalen Alltag, also nichts Außergewöhnliches. Aber gibt es das überhaupt – den normalen Alltag ohne Außergewöhnliches?

Ein Kreislaufkollaps im Urlaub und ich begegne Katharinas Brief 16.
„In allem und überall geschehe der heilige Wille Gottes. Ihre Briefe überraschten mich nicht mehr, weil ich schon Nachricht von Schw. Secunda und Emilia erhalten. Was soll ich nun viel schreiben. Ich fasse mich bei solchen Ereignissen kurz und sage mir gleich, der heilige Wille Gottes möge geschehen. Man muss die Vorsehung anbeten und sich ruhig der Gnade des Herrn unterwerfen. Erst später wird es uns klar werden, warum solche Prüfung vom lieben Gott zugelassen wurde.“

Sicher ist ein Kreislaufkollaps nicht unbedingt Gottes Wille. Aber er hat ihn zugelassen, und damit ist er doch irgendwie sein Wille, oder? Und dann in Ruhe und Gelassenheit Ja dazu zu sagen, weil es einen Sinn hat – das lernt man bei Katharina.

Und dann schreibt sie im selben Brief weiter:
„Der liebe Gott hat uns noch nicht verlassen, das dürfen wir doch schließen aus den vielen Liebesbeweisen, welcher er uns würdiget. Wir sollen hieraus lernen … Wir müssen aus allem Nutzen schöpfen.“

Genau das ist der Punkt: Konsequenzen ziehen und erkennen, wie sehr Gott doch mit uns geht, bei uns bleibt und seine schützende Hand über uns hält. Wir erkennen plötzlich Schönes, was wir nie erkannt hätten. Uns fallen plötzlich Dinge auf, die uns bisher entgangen waren. Wir müssen aus allem Nutzen schöpfen. Denn alles hat seinen Sinn. Und so kann ich sagen: Hinter mir liegen drei wunderschöne Urlaubswochen, in denen ich wieder neu die Schönheit der Schöpfung und Gottes Güte und Barmherzigkeit erfahren durfte.
STH